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Steven Arnold


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Ludwig Bechstein: Die Mahr

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Was in andern deutschen Landen der Alp heißt oder die Trud, die grausen Nachtspuke, die die Menschen quälen, das ist in Holland und den Niederlanden die Mahr. Aber die Sagen von ihr sind häufiger und viel fürchterlicher als im innern Deutschland. Die Mahr ist nicht eigentlich ein Gespenst, sie ist eine dämonische Qual, von Menschen gegen Menschen verübt. Wer eine Mahr ist, deren Seele zieht aus, andere zu peinigen, zu reiten, wie der richtige Volksausdruck ist, und es ist das Sprüchwort: Reitet dich die Mahr! nicht viel anders zu verstehen als das: Reitet dich der Teufel! Absonderlich üben böse Hexenweiber das teuflische Mahrreiten. Zu Harlem ist’s in einem reichen Hause geschehen, daß ein Mädchen unversehens in der Schlafkammer eines Knaben nackt am Boden liegend gefunden ward, neben ihr ein Besenstock, und das Mädchen schrie und jammerte. Als es gefragt wurde, bekannte es: Ich wachte in der Nacht, sah, wie meine Mutter aufstand, sich auszog, mit einer Salbe sich strich, einen Stock nahm und darauf zum Fenster hinausritt. Da stieg ich auch auf, holte auch einen Besenstock, strich mich auch mit der Salbe, fuhr auch aus dem Fenster, da kam ich über dieses Haus, ward hier hereingeführt, da lag meine Mutter auf des Knaben Brust gleich einer Mahr. Ich schrie laut vor Schreck: Jesus Maria!, da fuhr alsbald meine Mutter auf und mit geballten Fäusten an mir vorbei durchs Fenster fort.

Als das Mädchen solches erzählt, wurde die Hexe verhaftet und gestand, daß sie in jeder Nacht da oder dort die Leute als Mahr gequält, und wurde verbrannt zur gerechten Strafe.

Bei Vilforde fanden Schnitter ein Weibsbild liegen, die lag wie tot, doch war sie nicht kalt wie eine Tote, aber sie atmete auch nicht wie eine Schlafende. Ein Hirte, den die Schnitter herbeiriefen, sprach: Das ist eine Mahr, die ist ausgezogen, einen andern zu quälen. Die Schnitter wollten’s gar nicht glauben, aber der Hirte sagte: Harret nur, ihr sollt Wunder sehen! Und neigte sich zu der Liegenden und flüsterte ihr ein paar Worte ins Ohr, da kam ein klein Tierchen, fingerslang, weither gelaufen, blitzgeschwind, das kroch der Frau in den Mund. Der gab nun der Hirte einen Schub, daß sie um und um kollerte, da wachte sie auf, schaute starr sich um und flüchtete rasch davon.

Einen jungen Menschen quälte jede Nacht die Mahr, er liebte ein Mädchen, das ein Kamerad von ihm auch liebte, ohne daß er’s wußte, und klagte diesem seine Qual. Da sprach der Kamerad: Folge mir und tue das: halte gegen deine Brust ein wohlgespitztes Messer mit der Spitze, wenn du dich zu Bette ge legt hast, aber schlafe nicht ein. Das war ein Teufelsrat, denn der andere rechnete, wenn die Mahr auf jenen falle, solle sie ihm das Messer in die Brust stoßen, damit er des Nebenbuhlers ledig würde. Jener aber befolgte den Rat, nur verkehrt, denn er hatte das Richtige vergessen und hielt die Spitze und Schneide des Messers über sich; wie die Mahr auf ihn fiel, stach sie sich durch und durch und kam nimmermehr wieder.

Selbst Pferde wurden von der Mahr geritten, wie denn das Wort Mahr selbst so viel ist als Pferd, wovon in deutscher Sprache noch die Worte Marstall und Mähre üblich sind, daher auch bei der bösen Trudentat der Begriff von reiten und geritten werden. Die Mahr ist aber selbst bisweilen Vampir, und ebenso vertauscht sie Kinder gegen Wechselbälge. Wer den Kindern abends ein Kreuz über Wickel und Wiege macht, hat nichts von der Mahr für sie zu fürchten.


Karl Immermann: Medon und Johanna, aus `Die Epigonen´

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Sie näherte sich einer schmalen, länglichen Kiste, welche in der Ecke des Gemachs stand, öffnete sie und warf sich mit Lauten des tiefsten Schmerzes über sie. Hermann trat hinzu und fuhr zurück; ein menschliches Gerippe starrte ihm aus der Kiste entgegen. »Warum erschrickst du? Was macht dich zu fürchten?« rief sie. »Dies ist mein lieber, mein einziger Freund, den ich nun wiederhabe, und nicht von mir lasse. Betrachte den holdseligen Mund, die guten, schönen Augen, die denkende Stirne! Nun ruht er, umweht vom Hauche der Liebe, nun ist ihm wohl!«

 

»Teure, warum gaben Sie der Erde nicht wieder, was der Erde gehört?« fragte Hermann, als er sich einigermaßen von seinem Erstaunen erholt hatte.

Sie versetzte nichts. Mit den zärtlichsten Namen rief sie den geschiednen Freund, schmeichelnd strich sie über den kahlen Schädel, ihre Lippen küßten die leeren Augenhöhlen. Dazwischen führte sie Reden, deren Sinn und Bedeutung Hermann nicht verstand. Sie sprach von dem Vampir, der, auferstandne Leiche, umhergehe und den Lebenden das Blut aussauge, und beschwor die Gebeine des Toten, sie wie bisher, so auch ferner vor dem Schrecknis zu schützen.


Heinrich Zschalig: Aus `Die Märcheninsel. Märchen, Legenden und andere Volksdichtungen von Capri´

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Nicht weniger gefürchtet waren die eigentlichen Hexen, die oft in Abwesenheit der Eltern in die Häuser eindrangen und kleine Kinder zu Krüppeln machten. Daher wohl auch der italienische Name Strega (von griechisch-lateinisch striga, aus strix), bei den Alten ein sagenhafter Nachtvogel, der den Kindern, wie auch der Vampir, in der Wiege das Blut aussaugte und dafür Gift einflößte. Andererseits zeigten sich die Hexen dankbar, wenn man ihnen Gutes erwies, oder harmlos, wenn man sie in Ruhe ließ und namentlich in ihren nächtlichen Vergnügungsfahrten nicht störte; feindlich und rachsüchtig bloß, wenn man sie mißhandelte und verfolgte. Sie setzten sich gern auf Nußbäume, die darum gemieden werden. Früher hauste wohl manche Strega auch in Capri, jetzt – abgesehen von einem sogenannten feinen Likör – angeblich nur noch in den benachbarten Gegenden, besonders in Sizilien, von wo sie, durch die Luft fliegend (daher auch »Inaria« genannt), oft in großen Scharen nach den nördlichen Inseln Ischia und Procida zogen, mehr aber nach dem Festlande, besonders Benevento, dem ursprünglichen Maleventum, das für Italien eine Art Blocksberg zu bedeuten scheint, zumal seine fruchtbaren Berghänge reich an großen sagenberühmten Nußbäumen sind, deren im Lande sehr begehrte Früchte vielfach drei Nähte zeigen.

 Man kann die »Inaria« zum Herniedersteigen zwingen, wenn man laut ruft: »Verbbun cale fatt’ mest«. Diese geheimnisvoll klingenden Worte sind offenbar nur verderbtes Meßlatein aus dem Anfang des Johannisevangeliums: »Verbum caro factum est«. Freilich büßen die Luftfahrenden beim Herniedersturz, der auch durch Glockengeläut beim Fliegen über eine Kirche verursacht werden kann, das Leben ein. Bekanntlich wurden die Glocken bei den deutschen Hexen »bellende Hunde« genannt.

 

Sopr’ acqua e sopra viento,

sopra a noce di Beneviento

(oder richtiger capresisch: »Minuviengo«)

 

riefen sie, wenn sie sich eingesalbt hatten und die Luftreise antraten. Besonders in der Johannisnacht, die unsere auf Capri unbeachtete Walpurgisnacht vertritt, hört man sie schreien und heulen. –

Andere Stregen waren weniger reise- als tanzlustig. Sie versammelten sich bei Mondschein zu nächtlichen Reigen auf irgendeinem »circolo« oder »aro«, das ist eigentlich eine runde Zementtenne im Freien. Nur ein »aro« am Wege zum Tiberio befindet sich jetzt noch in brauchbarem Zustande. Die anderen sind entweder mit Rasen überwachsen oder ganz verschwunden, ein Beweis, daß der Getreidebau, als eine Zeitlang der Weinbau darniederlag, viel stärker betrieben wurde als jetzt.

Tanzfeste dauerten oft ganze Nächte hindurch, woraus die Sage von tanzenden »Hexen« entstanden sein mag. Getanzt wurde außer Tarantella auch vielfach Tarscone, ein Tanz zu Vieren, der jetzt kaum noch bekannt ist. Der Name ist offenbar mundartlich verderbt aus »trescone«, ein sehr bewegter ländlicher Reigentanz, ähnlich dem Schuhplattler.

Außer den somit in mannigfacher Gestalt auftretenden Hexen, die aber als Menschen ihre Verwandlungskünste nur dem Teufel, ihrem Oberherrn, verdanken, gibt oder gab es nun aber auch noch allerlei in Menschen- und Tiergestalt erscheinende Vertreter der eigentlichen Geisterwelt und zwischen beiden ein unglückliches männliches Wechselwesen: den Werwolf (lupo mannaro), der früher oft in Capri erschien und vielleicht noch vorkommt. –

Diese unheimlichen Gesellen liefen gewöhnlich in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag als vierbeinige Geschöpfe durch die besonders engen und finsteren Straßen der Stadt, namentlich am alten Wege nach Anacapri und in den Seitengassen der Tiberiostraße. Dabei ängstigten sie die Vorübergehenden oder zerrissen ihnen die Kleider, aber nur, wenn die Betreffenden laut sprachen, nicht, wenn sie schweigend vorübergingen oder auf einem Sessel oder sonst erhöhtem Platze standen. Wollte man einen Werwolf wieder zum Menschen umwandeln, mußte man ihn mit einer langen, an einem Stabe befindlichen Nadel ins Rückgrat stechen. Offenbar führte aber der Glaube an den Werwolf auch zu allerlei nächtlichem Unfug, Betrug und Raub.

Ebenfalls auf einer Mittelstufe des Geisterreichs stehen die als Gespenster auftretenden Seelen der Toten, namentlich der eines unnatürlichen Todes Verstorbenen, deren unheimlich nächtliches Erscheinen gefürchtet wird. Sogar von Geistermessen und Geisterprozessionen (II, 27 und 28) weiß man zu erzählen, wie ja schon im klassischen Altertum und bei den Juden der Glaube verbreitet war, daß die Seele Ermordeter ruhelos umherschweifen müsse, bis der Verbrecher bestraft sei und der Tote ein »ehrliches« Begräbnis in geweihter Erde erhalten habe. –

Wohl noch vom Altertum her hat sich in Capri die Sage von den Sirenen erhalten. Ursprünglich wohnten sie nicht an der kleinen Marine von Capri, sondern an der Punta di Campanella, der Landspitze von Sorrent, wo ihnen in Massa Lubrense sogar ein Tempel errichtet worden war. Sie sangen so schön und fein, daß die Schiffer, wenn sie vorbeifuhren, bezaubert wurden und in Schlaf versanken. Dann begaben sich die Sirenen auf die Schiffe, um den Schlafenden das Blut auszusaugen.


Mislena Preindlsberger-Mrazovic: Der Vampyr (Auszug), aus `Bosnische Volksmärchen´

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Die drei seltsamen Gefährten, die das Schicksal zusammengeführt, machten sich auf nach dem Dorfe am Rande des Waldes, das sie nach vielem Mühsal erreichten. Noch war es finstere Nacht, als sie an die Haustüren der Dörfler pochten und um Gottes und des Gekreuzigten willen um Beistand baten. Den Leuten fuhr der Schreck in die Knochen. Seit langem schon schlich sich ein langsames, stetes Sterben durch das Dorf; seit langem trübte und verunreinigte etwas immer wieder ihre Tränken und Brunnen, verdarb das Saatgut in den Speichern. »Ein Vampyr ists, ein Vampyr!«, ging es in bleicher Furcht flüsternd von Mund zu Mund. Ein kohlschwarzer Hengst ohne irgend einem Abzeichen wurde herbeigeführt, und während die Weiber und Mädchen ermahnt wurden, die Kinder und das Herdfeuer zu behüten, entzündeten die Männer an der heiligen Herdflamme die Kienholzfackeln, der Älteste ergriff den zitternden Hengst am Halfter und schritt betend mit dem Mönch, der Witwe des wilden Jägers und dem Räuber voran. Die übrigen folgten schweigend.

So zogen sie nach dem Friedhofe, der auf dem Scheitel eines steinigen Hügels lag. Als die Männerschar keuchend hinauf kam, sahen sie einen schwarzen Menschenschatten dahinhuschen und verschwinden, der ein weißes Laken über der Schulter trug. Es heulte und pfiff in den Lüften, und der Sturm versuchte die Fackeln auszulöschen. Um jeden Schritt kämpfend, drangen die Männer vor und leuchteten dann über jedes Grab hin, ob es auch unversehrt sei und nichts auf einen Vampyr hindeute. Sie suchten und suchten, bis sie endlich an der Ostseite eines eingesunkenen Grabes ein Loch fanden, aus dem etwas herauslugte. Ein Beherzter griff hin und zog einen buntgestickten Socken hervor, den das Weib des Jägers als einen von denen erkannte, die sie dem Toten auf der Bahre angezogen und den jetzt der Vampyr verloren hatte, als er eiligst in sein Grab geschlüpft war. Der Rapphengst wurde vorgeführt, und obgleich er willig über jedes Grab schritt, über das des wilden Jägers brachte ihn keine Macht. Schläge und Lockungen versagten.

Es sprach nun der alte Bauer: »Männer, es scheint klar zu sein, daß dies hier das Grab eines Vampyrs ist. Tun wir also, was in solchen Fällen unsere Ahnen taten, um dem Volke und dem Toten die Ruhe wiederzugeben.«

In frommem Gesange erhob sich hierauf des Mönches Stimme über den Sturm. Die Männer fällten den Stamm eines alten Hagedorns, machten einen Pfahl zurecht und ließen seine Spitze von dem Feuer ankohlen, das sie mit den Fackeln von ihrem gesegneten Herde mitgebracht. Dann öffneten sie das Grab.

Unten lag der Tote ganz unversehrt, so wie er vor langen Jahren in die Erde gebettet ward. Die Männer bildeten einen Kreis und hielten die Fackeln hoch, und in dem zuckenden, blutigroten Schein zuckte auch des Vampyrs von rotem Menschenblute gequollener Leib. Und jetzt stieß der Mönch den Hagedornpfahl dem Vampyr wuchtig durch die Brust; dann tat es dessen Weib, dann dessen Sohn und dann alle Männer dem Alter nach. Der Vampyr wand und wälzte sich unter den Stößen, und herzzerreißende Seufzer stiegen aus dem Grabe herauf, Laute, wie jene, die ein Felsblock ausstößt, wenn er losgebrochen wird von seinem Mutterboden …

Der Sturm war verstummt, die Sonne ging auf, und im Grabe lag nur mehr eine unförmliche Masse. Die Männer entblößten das Haupt und schlossen das Grab. Jetzt ruhte der wilde Jäger in ewigem Frieden.


Johann Georg Theodor Grässe: Der Vampyr im Wendlande

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Im ganzen Wendlande glaubt man an Vampyre. Man sagt, sie erständen auf folgende Weise. Wenn nämlich ein Kind nach Entwöhnung von der Mutterbrust nach den ersten 24 Stunden (denn diese werden nicht mitgerechnet) wieder die Brust erhalte, so werde es einst ein Vampyr, sobald es gestorben sei. Verstorbene Kinder werden jedoch keine Vampyre, sondern nur solche Kinder, welche zweimal entwöhnt ein kräftiges Alter erreicht haben. Darum heißen die Vampyre hier auch Dubbelsüger (Doppelsauger) und die Mütter sind sehr vorsichtig, durch zweimaliges Entwöhnen keinen jungen Vampyr an ihrer Brust für ihre Familie aufzuziehen. Ist nun aber ein solcher gestorben, so behält er eine Art von Halbleben im Grabe, besonders kann sein Kopf und sein Mund sich bewegen und Töne ausstoßen. Er geht jedoch nicht aus dem Grabe hervor und saugt seine Angehörigen an, sondern mit seinem lebendigen Munde saugt er im Sarge sich selbst auf der Brust an und wenn er die Haut und die fleischigen Theile aufgesogen hat, dann wirkt dies durch Sympathie auf seine Angehörigen ein, es wird ihnen alle Lebenskraft ausgesogen, sie werden blaß, mager, kraftlos und müssen noch, ehe ein Jahr vergeht, dem Doppelsauger ins Grab folgen. Dieser fährt nun so fort, auch den zweiten in der Familie auszusaugen, bis er alle zu sich geholt hat und zuletzt, wenn man ihn ungestört gewähren läßt, die ganze Familie ausstirbt. Auf Andere, als seine nächsten Anverwandten, besonders Bruder, Schwestern und Kinder, wirkt er aber nicht ein, auch wird ein durch einen Doppelsauger Getödteter nicht wieder zum Vampyr, wenn er nicht schon durch doppelte Entwöhnung, was man freilich nie recht sicher wissen kann, ein natürlicher Doppelsauger ist. Als Mittel gegen das tödtliche Einwirken dieser Doppelsauger gilt aber erstlich das Bret, dann der Kreuzdreier und endlich der Durchgang unter der Schwelle. Die Angehörigen lassen nämlich ein Bret so aussägen, daß es die Brust bedeckt und auch unter’m Kinn anschließt, und dem Todten auf die Brust befestigen, so daß es ihm also unmöglich wird, im Sarge selbst die Brust anzusaugen. Der silberne Kreuzdreier (Krütz-Witten), mit der Weltkugel und dem Kreuze darauf, wird dem Todten in den Mund gelegt, weil diese mit dem Kreuze bezeichnete, gleichsam heilige Münze das Leben des saugenden Mundes verhindert. Diese Münzen sind aber sehr selten geworden und wenn eine Familie sie besitzt, werden sie für den Fall der Noth sorgfältig aufbewahrt. Der Durchgang unter der Schwelle endlich bezieht sich wahrscheinlich darauf, daß Geister und Gespenster da wo sie hereingeschlüpft sind, auch wieder heraus müssen, also auch die nach dem Tode Wiedererscheinenden nur da wieder hinein können, wo sie hinausgekommen sind, sind sie nun unter der Schwelle zum Hause hinausgetragen worden, so können sie nicht über die Schwelle wieder zurückkehren. Die große Thür der wendischen Bauerhäuser hat nun aber eine bewegliche nur eingefügte Schwelle, welche weggenommen wird, wenn der Erntewagen das Getreide auf die Hausflur (Diele) fährt. Vermuthet man nun, daß ein Gestorbener zweimal entwöhnt ist, so treten zwei Personen hinzu, heben, so hoch sie nur können, die Schwelle empor und der Sarg und das ganze Leichengefolge muß von der Hausflur unter der Schwelle durchziehen.



Johann Georg Theodor Grässe: Der Poltergeist und Vampyr zu Bendschin

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Bendschin oder Pentsch, ein Städtchen im Fürstenthume Jägerndorf an der Mährischen Grenze, ist ums Jahr 1592 durch eine Spukgeschichte gar sehr berühmt geworden.

Ein Bürger dieser Stadt, Namens Johann Cuntze, gebürtig aus dem Dorfe Lichten, hat sich viele Jahre so brav und löblich aufgeführt, daß man ihn in den Rath gezogen, zum Bürgermeister gemacht und sonst als einen erfahrenen 60 jährigen Mann in nicht geringem Werthe hielt, in allerlei Stadt- oder Privatangelegenheiten sich seines Rathes bediente und nach seinem Tode erst ihm einige Dinge Schuld gab, die man ihm bei Lebzeiten nicht vorgeworfen. Dann erst nämlich betheuerte der Geistliche des Ortes, daß er den Gottesdienst fleißig abgewartet, der heiligen Communion andächtig beigewohnt, freilich aber öfters im Rathsstuhle eingeschlafen sei. Dieser Cuntze wurde von ohngefähr nebst einigen andern Rathsverwandten zum Stadtrichter wegen verschiedener Händel zwischen einem Ungarischen Kaufmanne und seinen Fuhrleuten abgefordert, um nach Erkenntniß der Sache den Bericht davon nach Hofe abzustatten. Man verhörte beide streitende Partheien und ließ Alles fleißig protocolliren, hierauf lud sie die Frau Richterin zum Abendessen, wobei aber Cuntze nicht lange bleiben wollte, unter dem Vorwande nöthiger Hausverrichtungen, doch sagte er, man müsse sich bisweilen auch einen guten Tag machen, weil es ohnedem an täglichen Verdrüßlichkeiten nicht fehle. Er hielt aber zu Hause fünf stattliche Pferde auf der Streu und ließ, wie er heimkam, sein bestes Leibroß aus dem Stalle vor der Hausthür an eine nahgesetzte Säule anbinden, um ihm die lockern Fußeisen fester anheften zu lassen. Indem man nun damit beschäftigt war und er mit seinem Knechte des Pferdes Fuß aufhebt, wird solches kollernd und schlägt zweimal hinter sich aus, wodurch Herr und Knecht neben einander halbtodt auf die Erde hinfallen. Ein dieses anschauender Nachbar springt gleich herzu, hilft sie aufheben und beide ins Haus führen. Cuntze, als der Herr, schreit gleich über grausamen innerlichen Brand und Schmerz, wiederholt sein Geschrei mit eben den Worten, bis man ihm ein Bett macht, ihn hineinlegt und den Schooß beleuchtet, wo er über den schrecklichen Brand klagt; man bemerkt aber keine Spur einer Verletzung, ohngeachtet er nicht aufhört darüber zu winseln. Mittlerweile kommt sein jüngster Sohn dritter Ehe vor’s Bett, den sieht er mitleidig an und spricht: »Ach, Du armes Kind, nur um Deinetwillen wünschte ich noch einige Jahre zu leben!« Empfiehlt ihn also bestens einem andern anwesenden Rathscollegen, der sein Pathe war, der es auch zu leisten verspricht und den kranken Mann damit tröstet, Gott könne ihm von diesem Schmerzenslager auch wieder aufhelfen. Cuntze sagt nun: »Ach wenn mir Gott um seines Sohnes willen meine Sünden vergeben wollte!« Die Umstehenden trösten ihn aufs Beste und rathen ihm einen Geistlichen rufen zu lassen, er aber will nichts von einem solchen wissen, gleichwohl aber wiederholt er immer die Worte: »Ach wenn mir doch Gott gnädig sein wollte!« Man fühlte ihn jetzt an und fand seine Brust, Leib und Hände eiskalt, während er doch beständig über brennende Hitze klagte. Der Schlag vom Pferde war den 4. Februar geschehen, und man erzählte, daß er vier Tage vorher, als am Feste Mariä Reinigung, noch Gevatter gestanden und bei der Heimkunft und Ablegung der Kleider zu den Seinigen gesagt: »Das wird wohl mein letztes Kind sein, so ich aus der Taufe gehoben!« Woraus sein Eheweib und seine Kinder geargwohnt, daß er die Stunde seines Todes gewußt und ein gewisses Bündniß mit dem Teufel gemacht habe. Denn er war zu einem ziemlichen Vermögen gekommen, ob er gleich keine Erbschaft gemacht und auch sonst schlechten Verdienst gehabt, indem er vorher ein gemeiner Holzhauer und Schindelmacher gewesen. Einige Leute sagten nach seinem Tode, er habe bei Lebzeiten eins von seinen Kindern an eine unbekannte Person verkauft, andere munkelten, er habe sich mit dem Satan verbunden, daß er ihm durch einen solchen Pferdeschlag den Rest gäbe, damit das Volk über seinen Tod kein neues Aufsehen mache. Mittlerweile hat man seinem nicht weit von ihm wohnenden ältesten Sohne Nachricht von dem Verlaufe seines Unfalls gegeben, derselbe kam auch und ist ihm auch nicht wieder von der Seite gegangen, sondern hat die ganze Nacht bei ihm gewacht. Glock 3 Uhr endlich ist er gestorben. Vorher aber hat ein großer schwarzer Kater von außen ganz künstlich mit der Pfote das zugemachte Fenster aufgewirbelt, ist jählings in die Stube gekommen, auf des Kranken Bett gesprungen und hat das Hauptkissen und Gesicht desselben mit solcher Heftigkeit angefallen, als wenn er den ganzen Mann mit Gewalt fortschleppen wolle. Darauf ist der Kater wieder verschwunden, Cuntze aber gestorben.

Am nächsten Morgen ist nun Cuntze’s ältester Sohn mit etlichen Blutsverwandten zu dem Stadtpfarrer gegangen, hat den Tod seines Vaters gemeldet und um ein standesgemäßes Begräbniß, da er ein Mitglied des Raths gewesen, gebeten. Solches ist ihm auch zugesagt und zur Rechten des Altars in der Kirche ihm eine Grabstätte angewiesen worden, wofür aber seine Erben ein gut Stück Geld bezahlt haben.

Cuntze war kaum todt, so entstand ein greuliches Gewitter, und bei dem Leichenconduct hat es so gewaltig gestürmt und geschneit, daß es die Leichenbegleiter kaum ausstehen mögen, sobald aber der todte Körper unter die Erde gebracht war, wurde es wiederum ganz helle und der rasende Wind legte sich. Es ist hierbei nicht zu vergessen, daß als ihn zwei arme Hausweiber in einer Wanne abwaschen sollten und ihm also die Hände auf den Rücken beugten, der todte Körper eine von diesen Händen gewaltig zurück auf denjenigen Ort des Bauches geworfen, wo der Pferdeschlag hingetroffen. Darüber wurde das eine Weib sehr stutzig, die andere aber sagte: »Schweig, daß wir von unserm Ausplaudern nicht Unglück haben.«

Kaum waren nun aber einige Tage nach seiner Beerdigung hingegangen, als sich in der Stadt das Gerücht verbreitete, es ließe sich ein Alpgespenst oder höllischer Geist in Cuntze’s Gestalt sehen, welcher eine in der Nachbarschaft wohnende Frau angefallen, niedergeschmissen, hart geplagt, und zwar schon Tags vorher, ehe er begraben war. Bald nach dem Begräbniß sei eben dieser Geist zu Jemand, der in seiner Stube geschlafen, gekommen, habe ihn aufgeweckt und geschrieen: »Ich kann mich kaum halten, daß ich Dich nicht dergestalt antaste, daß Du auf lange Zeit genug hast!« Man sagte dies der Cuntzischen Wittib und die Gassenwächter redeten aus, man höre alle Nächte in Cuntze’s Hause ein grausames Gepolter, Werfen und Fallen, des Morgens stehe die Thüre offen, die man doch des Abends vorher fest verschlossen und verriegelt, die Pferde im Stalle machten ein solches Turnieren, als wenn sie Jemand strapazire oder sie sich selbst unter einander bissen und schlügen. Einem gewissen ehrlichen Manne erzählte seine Magd, sie wäre frühmorgens im Schlafe erschrocken, da sie Jemanden um das Haus herumreiten gehört, der mit solcher Gewalt an die Wände geschlagen, daß die Balken gezittert, und zu den Fenstern sei ein heller Glanz hereingeleuchtet, worüber sie aus Furcht mit den Andern unter das Bett gekrochen. Der Mann ging nach dem Aufstehen vor die Hausthüre, besah sich alle Wände und fand in dem frisch gefallenen Schnee solche fremde Fußtapfen, die keines Menschen und keines Thieres Füßen ähnlich sahen.

Am 24. Februar ging der Pfarrer des Ortes nach gehaltener Katechismuslehre zu einem von den Stadtrichtern, der befand sich unpäßlich und redete den Geistlichen also an: »Ach, lieber Herr Gevatter, vorige Nacht habe ich Cuntzen in meinem Hause gesehen und mit ihm gesprochen!« Wie nun der Pfarrer sich darüber wunderte, als über eine unmögliche Sache, betheuerte es der Mann höchlich mit den Worten: »Ich habe ihn gestern Nachts um 11 Uhr mit meinen Augen gesehen, und gehört, daß er mich also angeredet: Fürchtet Euch nicht vor mir, lieber Gevatter, ich werde Euch nichts Böses thun, sondern komme nur, um etwas mit Euch zu reden. Ich habe nach meinem Tode meinen jüngsten Sohn Jacob zurückgelassen, den Ihr mir aus der Taufe gehoben; nun hat mein ältester Sohn Stephan eine Kiste bei sich mit 450 Gulden, das zeige ich Euch hiermit an, daß mein jüngster Sohn nicht um seinen Antheil betrogen wird. Ich trage Euch auf, für denselben treulich zu sorgen, unterlasset Ihr aber solches, so möget Ihr zusehen, was Euch begegnen wird!« Dieser Mann war der Stadtschreiber allda und versprach dem verlarvten Gespenste seine redlichen Dienste. Darauf verschwand es aus diesem Zimmer, polterte aber im andern Stockwerke desto heftiger, daß Alles erzitterte, begab sich hernach in den Stall zu den Kühen und turnirte mit denselben aufs Grausamste, als ob alle sich losgerissen hätten, da man sie doch am Morgen in guter Ordnung angebunden fand.

Das Haus dieses Stadtschreibers stand nun aber neben dem Cuntzes, in welchem der Geist alle Nächte einen so erbärmlichen Lärm machte, daß die ganze Familie in eine Stube zusammenkroch und noch Wächter dingte, welche wechselsweise wachen mußten. Unter diesen waren ein Paar verwegene Kerle, die sich zum Wachen anboten, weil sie brav dabei zu trinken bekamen. Wie nun der Geist die Thüre bald öffnete, bald zusperrte, bald in der Küche, bald im Keller herumsauste, öfters auch in das Zimmer, wo sie alle beisammen waren, zur Stubenthüre in Cuntzes Gestalt hereinguckte, schrieen sie ihn an: »Bleibe hier, bleibe hier, Du Betrüger! Ei was bist Du jetzt in der Nacht für ein vorsichtiger Hauswirth, der Du zuvor bei hellem Mittag das Deine nicht also verwaltet und nur immer gegeizt hast! Warum bist Du jetzt so fleißig im Finstern, Du alter Schelm? Komme doch herein und thue uns in einem zugebrachten Trunke Bescheid!« Ueber der Speisestube lag viel altes und neues Eisenzeug in einer Kammer, dasselbe warf es mit den Ketten gräßlich unter einander. Die Pferde quälte es so grimmig, als wenn es selbige erwürgen wollte, insonderheit hatte dasjenige Pferd, welches ihn so heftig vor der Thüre geschlagen, weder Tag noch Nacht Ruhe und wenn sich gleich die andern Rosse aus Müdigkeit auf den Boden streckten, blieb selbiges allezeit stehen, schwitzte und zitterte stark, bis es endlich der Henker bekommen hat. Man hielt gar dafür, der Teufel stecke in diesem Gaul und habe durch dessen Fuß den Cuntze tödtlich geschlagen. Sein Schweiß war immer kalt wie jener Cuntze’s auch gewesen war, und da es zu Cuntze’s Untergang sich gebrauchen lassen, fragten Viele, ob man nicht solches als ein teuflisches Werkzeug mitsammt der Cuntzischen Leiche auf einem Holzstoße verbrennen solle.

An den schwach brennenden Lichtern, auch sogar an den Laternen beurtheilte die schüchterne Familie die unsichtbare Anwesenheit des bösen Geistes, und sie erweckten deshalb einander aus dem Schlafe. Denn die, welche schliefen, wurden gedrückt und dergestalt abgemattet, daß man sie bei geschehener Erweckung mit Schlagwasser bestreichen und als Ohnmächtige fast vom Tode erretten mußte. Vielmals wurden auch die Schlafenden an der Seite ihrer Wächter entsetzlich gepeinigt, daß sie gleichsam die schwere Noth bekamen und mit den Füßen gewaltig strampelten, auch mit kostbaren Arzneimitteln kaum wieder zurecht kamen. Die Wittwe ließ eine Magd neben sich in ihrem Bette liegen, die hieß aber der Geist weggehen, oder er wolle ihr den Hals umdrehen. Die Wittwe legte sich deswegen in die Stube zu ihren Leuten und diese litten erschreckliche Noth von dem Gespenste, welches sich öfters beim Ofen in einem Sterbekittel sitzend präsentirte. Die Wittwe hatte es am Schlimmsten, denn sie durfte ohne Gefahr auch bei Tag sich kaum in ein Gemach begeben. So war der Geist allenthalben sichtbar und wollte sie sogar zum Beischlaf nöthigen. Er soff die Milch aus den Milchtöpfen und trieb allerlei Unfug. Dem jüngsten Kinde, das kaum abgewöhnt war, schrie er zu, es solle ihm bald in das Grab nachfolgen, da wolle er ihm viele goldene Gröschel geben. Der älteste Sohn kam vom Lande her in das elterliche Haus daselbst zu übernachten, aber das Gespenst tumultuirte in seiner Kammer dergestalt, daß er mitten unter dem eifrigsten Gebete kaum darin länger schlafen konnte. Einer von der Familie war vorwitzig genug zu sehen, was denn das Gespenst bei Nachtzeit anfinge, und ging deshalb allein auf den Gang. Cuntze begegnete dem Menschen, der sprang aber aus dem Gange zurück ins Speisezimmer und fiel auf die Erde. Das Gespenst drückte und würgte ihn nun dergestalt, daß er von allen Kräften kam und am nächsten Morgen die Flecken an seinem Halse und Leibe sichtbar blieben, worauf er seinem Vorwitz nicht weiter nachhängen wollte. Gegen Morgen ließ sich der Geist von vielen Leuten persönlich schauen, aber bei Nacht turnirte er am Allerheftigsten, als ob er ganze Häuser niederreißen wolle. Einen großen Pfeiler, den kaum zwei Männer ertragen hätten, riß er aus dem Grunde und warf ihn anderwärts hin. Außer der Stadt begegnete er vielen Menschen reitend auf einem dreibeinigen Rosse von derselben Farbe, wie sein Leibpferd gewesen war. Bisweilen redete er mit denen, so ihn begegneten, von allerlei Fuhrwerk. Er ritt wie ein Unsinniger durch die Stadt und Felder hin, sodaß das Feuer unter ihm aus den Steinen sprang. Eine faule Magd hatte sich eher schlafen gelegt, als ihre Frau nach Hause kam, wie nun bei deren Heimkunft noch Essen anzurichten und Tischgefäße zu reinigen waren, erschien nach dem Essen das Gespenst, öffnete Haus-, Stuben- und Kammerthüren, trat vor das Bett der Frau, berührte ihren Arm mit einer eiskalten Hand und fragte, warum sie an einem Donnerstage zur Nacht noch aufwaschen ließe? (Denn die gemeinen Leute im Jägerndorfischen Gebirge ließen aus einem alten Aberglauben sowohl in den zwölf Nächten vor Weihnacht bis zum großen Neujahr, als auch an einem Montag, Donnerstag und Sonntag nicht leicht Hausarbeiten vornehmen und selten aufwaschen.) Als nun die Frau versicherte, was diesmal geschehen, solle nie wieder geschehen, ging das Gespenst in die Speisestube, spühlte alle Geschirre aus, schlickerte brav mit dem Wasser und verschwand dann wieder. Sonst hat das Gespenst einem Schmied seine Kinder fast an den Gebeinen zerquetscht, ein Paar alte Männer so hart gepreßt, daß sie kurz darauf gestorben sind, einen andern Alten aber so erschreckt, daß er die Treppe heruntergefallen ist. Sechswöchnerinnen hatten vor ihm die wenigste Ruhe, denn er drückte ihnen die Brüste aus oder nahm ihnen die Kinder aus den Wiegen oder verhinderte sie die Wiegen zu bewegen. Zu einer alten Frau kroch er ins Bett, steckte ihr den Finger in den Hals und hätte sie beinahe erwürgt. Andere wollte er nothzüchtigen. Von einer andern Frau forderte er etwas Gerste ein, so er ihr bei Lebzeiten geborgt hatte. Einen besoffenen Mann, der auf die Bitten seines Weibes nicht schlafen gehen wollte, verleitete er durch seine Erscheinung am Nebentische, daß er nach ihm schlug, aber dabei die Hand dergestalt an der Wand verletzte, daß er lange Zeit nachher lahm war.

Es ist ein Wahn gemeiner Leute, daß wo Pillweisen oder Hexenmeister begraben liegen, sich unter ihren Grabsteinen Löcher zeigen, als wenn da Mäuse herausgekrochen wären. Ein Gleiches sah man bei Cuntze’s Grabe und zwar sehr groß und tief, so daß man mit einem Stabe bis auf den Sarg stoßen konnte. Man nahm den Leichenstein heraus, füllte die Löcher und Gruben aus und trat Alles fest ein, am folgenden Tage waren aber die alten Löcher wieder da und noch größer als vorher, gerade als wenn die Hühner unter dem Steine gescharrt hätten. An dem Altartuche erschienen große Blutflecken, so viele Edelleute in Augenschein genommen haben. Den Leichenwein fand man sehr beschmutzt, wußte aber nicht, von welchem Thiere. Ja das Ungethüm machte sich über den Taufstein her, besudelte das Wasser und die Tuchdecke, und zeigte sich im Sterbekittel auf dem Tische, worauf das Tauftuch abgetrocknet werden sollte. Mit einem Juden, der gerade durchreiste, fing es im Wirthshause lächerliche Possen an. Einem ihm bei Lebzeiten bekannten Fuhrmann spie es Feuerflammen auf die Füße, daß er einige Zeit vor Schmerzen lahm geblieben ist. Auf dem Markte unter der Laube schlief einer mit seinem Weibe, diese wollte er überreden, aufzustehen, weil ihre Tochter Martha in einen Brunnen gefallen sei. Einem Futterknechte löschte es die Laterne aus, wie er sich aber brav zur Wehre setzte, verschwand es. Mit einem andern schlug es sich auf der Straße und biß ihn dergestalt in die Finger, daß er darauf gelähmt blieb. Die bei ihren Männern liegenden Weiber neckte es auf alle Weise. Eine von denen, so ihn abgewaschen, stand schreckliche Plage aus, weil er mit großen Stücken Leim nach ihr schmiß. Ein Vorüberreisender sah ihn auf dem Thurme des auf dem Berge stehenden Kirchleins zum Fenster herausgucken, mit glühenden Augen, welches auch mehrere andere Leute bezeugt, die vornehmlich einen abscheulich dicken Kopf an ihm beobachtet hatten. Man hinterbrachte solches dem Geistlichen, der ging gleiches Weges hinaus, sah aber am Fenster nichts als eine lange Stange, in welche er sich verwandelt. Die auf den Feldern Flachs jätenden Weiber sahen ihn auf den Aeckern herumhüpfen, mit welchem sich in Kurzem sechs andere dergleichen Tänzer vergesellschafteten und um die Weiber herumsprangen, die aus allen Kräften davonliefen, in die Stadt eilten und es dem Rathe anzeigten. Die Hunde nahm dieses Gespenst und schmiß sie wider die Erde oder gegen die Wand. Die heimkommenden Kühe saugte es aus, daß sie keine Milch in den Eutern behielten, und drehte ihnen die Schwänze zusammen, wie in einem geflochtenen Pferdeschweif. Die Hühner jagte es aus den Ställen und Körben und fraß ihnen die jungen Hühnlein. Die Ziegen legte es mit gebundenen Füßen in die Krippen. Den Kälbern benahm es mit Aussaugen alle Lebenskraft, so daß sie wie Laternen aussahen. Mit den Pferden handtirte es grausam. Dem einen band es den Futterkasten an den Hals und ließ es los, daß es solchen durch den ganzen Stall fortschleppte, einem andern steckte es den einen Schenkel durch den Ohrriemen so fest, daß man zum Herunterlassen den Riemen entzweischneiden mußte. Ein Vorwerksmann oder Dorfvogt kam in die Stadt, verkaufte das Seinige, betrank sich hernach und ging aus Vorwitz zu Cuntzens Wittfrau, weil er im Hause wohl bekannt war und gern den wiederkommenden Geist sehen wollte. Cuntze ist auf Benennung seines Namens bald da und giebt dem ersten Nebenstehenden eine derbeMaulschelle, so daß der andere Zeit zum Weglaufen hatte, wollte er nicht auch zur Erde niedergeschlagen sein. Einen Kirchenschläfer weckte er also auf, daß er halb ohnmächtig erwachte. Eine Frau drückte er nebst ihren Kindern so, daß sie hätten zerbersten mögen, und dergleichen Drückungen an Manns- und Weibspersonen sind gar unzählig viele geschehen. Es verschonete eben diese teufelische Spukerei selbst nicht mehr den Geistlichen dieses Ortes. Es drückte ihn, seine Frau, seine Kinder, sein Gesinde, daß keines mehr schlafen wollte, sondern alle über Nacht in einer Stube beisammen blieben. Eine Magd, die frischer als andere sein wollte, bekam bald den Lohn ihres Vorwitzes. Bisweilen grunzte der Geist wie eine Sau, und wenn man ihn auf diese Art störte, machte er sich auf eine andere Art verdächtig, so daß der gute Mann nicht wußte, was er weiter anfangen oder wo er bleiben sollte. Als er nun den 8. Julius Abends mit seiner Eheliebsten und Kindern beisammengesessen und auf dem Orgeltische gespielt, hat sich jählings ein ganz unerträglicher Gestank eingefunden, der sie alle auszuweichen nöthigte. Wie er sich nun nach andächtig gebetetem Abendsegen in die Schlafkammer begeben, so ist binnen einer Viertelstunde auch dort ein entsetzlicher Gestank entstanden und der Herr Pfarrer hörte das Gespenst an sein Bett hinkommen, wo es ihn mit einem so kalten und stinkenden Dampf angeblasen hat, daß er davon krank geworden, das ganze Gesicht ihm geschwollen ist und die Augen sehr viel dabei gelitten haben. Aus diesen Ursachen ward die ganze Stadt Bendschin in Verruf gebracht, Niemand von Adel traute sich mehr hinein, kein Durchreisender blieb über Nacht drinnen und die Einwohner wußten sich nicht mehr zu helfen, als daß sie auf den Gedanken kamen, einige Gräber zu eröffnen und die Leichen zu besichtigen, weil vor verschiedenen Jahren bei gleicher Bewandtniß solcher Rath ihnen geholfen. Der Herr Pfarrer redete zwar theologisch und physicalisch dawider, allein die geplagten Inwohner kehrten sich nicht daran, sondern waren unter einander einig geworden, keiner Familie Begräbniß zu schonen, sondern vielmehr so lange nachzusuchen, bis sie die Quelle ihres Unheils fänden, solche verstopften und ableiteten. Sie baten sich also bei dem Geistlichen die Schlüssel aus, die ihnen nach langem Disputiren der Glöckner auch aushändigte, und damit ließen sie sich durch den Todtengräber etliche Gräber öffnen, sowohl derer, die vor, als derer, die nach Cuntze beerdigt worden, um den Zustand der Leichen in Augenschein zu nehmen und nach demselben ihre Beurtheilung einzurichten, weil sie vorgaben, es wären gewisse Zeichen an den Gliedern der Verstorbenen, daraus man ersehen könne, ob sie ehrliche Christen gewesen, oder mit dem Satan in einem gotteslästerlichen Bunde gestanden und in selbiger Todsünde dahin gestorben.

Nachdem man nun obgedachten Cuntzes sowohl als anderer Leute Gräber und Särge geöffnet, fand sich an der Leiche ein bedenklicher Unterschied. Denn alle anderen Leichen, so vor und nach Cuntzen unter die Erde gekommen, waren schon großen Theils verweset oder standen in völliger Fäulniß, bei Cuntze aber war der Leichnam unversehrt, frisch und ganz, nur die Haut an der Brust und am Haupte sah schwärzlich aus, weil man sie beim Einlegen in den Sarg mit ungelöschtem Kalk überstreut, damit sie sich desto eher verzehren sollte. Unter dem obersten Häutlein, so sich leicht wegkratzen ließ, war die andere stärkere frisch und röthlich, alle Gelenke biegsam und alle Glieder beweglich. Man steckte ihm erforschungshalber einen Stab in die rechte Hand, den hielt der Leichnam mit seinen Fingern ganz fest, die Augen standen bald offen, bald geschlossen, und als man den Körper aufgerichtet, drehte er das Gesicht erstlich gegen Mitternacht und am folgenden Morgen gegen Mittag. Jemand wagte es, ihm den Strumpf abzuziehen, darunter war Alles unversehrt, die Haut röthlich und die liegenden Adern deutlich zu sehen. Als man die andere Wade mit einem Messerschnitt öffnete, lief das schönste rothe Blut wie bei einem lebendigen Menschen heraus. Die Nase, welche bei abgestorbenen Leuten am ersten einfällt, war ganz unbeschädigt und nicht eingeschrumpelt. Cuntze war sonst im Leben klein von Person und hager gewesen, seine Leiche aber war anjetzo viel stärker, das Gesicht geschwollen, die Backen aufgelaufen und Alles zerdunstet, wie ohngefähr bei gemästeten speckfetten Schweinen, so daß also die Last des Körpers fast nicht mehr Raum hatte in dem Sarge, worin er vom 8. Februar bis 20. Juli gelegen.

Damit man sich nun aber in der ganzen Sache nicht übereilen möchte, wurde mit klugen Leuten aus der Nachbarschaft darüber oft gerathschlagt, unter diesen war aber Niemand, der nicht die Schuld alles bisherigen Unheils auf den verstorbenen Cuntze geworfen. Deshalb hat man ihn zum Feuer verurtheilt, ist aber nicht zur Vollziehung des Urtheils geschritten, ehe man den völligen Verlauf an den Hof des regierenden Landesfürsten berichtet und von da ein Gutachten weitern Verhaltens empfangen. Die erste Antwort lautete, man solle sich in der Sache nicht übereilen, sondern weitern Rath und Kundschaft einziehen; da haben aber die Inwohner, so des täglichen und nächtlichen Tumultuirens überdrüßig waren, mit einem benachbarten Scharfrichter (weil sie damals noch keinen eigenen hatten) accordirt, daß er mit zwei Knechten hinkäme und den Brand vollzöge. Sie versprachen ihm dafür zur Belohnung Cuntzes obgedachtes Leibpferd und etwas an Geld, auch freie Kost, so lange er sich in dieser Sache bei ihnen aufhalten werde. Inzwischen bereitete man alles Nothwendige, man bestellte Männer, ein Loch in die Wand bei dem Altar zu bohren, durch welches man das Aas hinausstoßen könnte. Alle Inwohner gingen insgesammt über eine dem Cuntze gehörig gewesene Haue in dem nächsten Gehölze her, schlugen das Holz wie es zum Brande gehörig, führten es auf die Richtstätte und ließen durch die Henkersknechte einen Holzstoß aufrichten. Den Körper zog man mit Strängen aus dem Grabe durch das Loch in der Kirchenmauer und er wurde so schwer befunden, daß die Stricke darüber zerrissen und man ihn kaum von der Stelle zu bringen sich getraute. Hier außen stand der Schinderkarren, an welchen man des Cuntzen Leibpferd spannte, um ihn mit der Leiche fortzuschleppen. Dieses geschah also, aber mit solcher Beschwerlichkeit, daß ihn besagtes starkes Roß kaum erziehen konnte, sondern man oftmals ruhen und mit Schlägen den Gaul zum weitern Anziehen zwingen mußte, da es hingegen beim Hereinfahren beide starke Knechte und den Karren ohne alle Mühe leidlich fortgeführt. Da man auf den Schindanger kam, wurde der Leichnam mit dem am Halse gelegenen Erdklos und Sterbekittel auf den Holzstoß gebracht und derselbe angezündet. So stark nun die Flamme war, und wie lange er auch darauf lag, es brannte doch nicht mehr weg, als der Kopf, die Hände bis an den Ellenbogen und die Unterbeine bis an die Kniee, der übrige Stumpel blieb fast ganz. Darauf zog ihn der Henker mit Feuerhaken vom Holzstoße, hieb ihn zu Stücken und fand darin so häufiges frisches Geblüte, daß er selbst über und über damit bespritzt ward. Das ziemlich fette Fleisch wurde stückweise in die Flammen geworfen, verzehrte sich aber so langsam, daß der Brand bis in die Nacht dauerte, auch auf derselben Stelle, wo man ihn zerstückte, wurde Feuer angemacht, weil alles Blut daselbst befindlich. Man setzte also die Nacht über Wächter hin, und auf den andern Morgen warf man die übriggebliebene Asche in den vorbeifließenden Strom, auch geschah dies mit der aus dem Grabe ausgegrabenen Erde, und der Ort ward mit großen Steinen ausgefüllt, auf daß Niemand weiter dahin begraben werden möchte. Es entstand hierbei die Rede, als wären des zweiten Weibes, so Cuntze zur Ehe gehabt, Eltern und Bruder auch wegen solcher Gespensterei, die nach ihrem Tode unter ihrer Gestalt vorgegangen, auf Befehl der hohen Herrschaft, unter welcher sie gewohnt, ausgegraben und verbrannt, mithin vielleicht der Cuntze durch sie zu einem gleichmäßigen teuflischen Bündnisse veranlaßt worden.

Gleich den Tag darauf aber, als man den Körper verbrannt hatte, ließ alles satanische Gepolter auf einmal nach. Man fragte die Nachtwächter und diese sagten, es wäre Alles die ganze Nacht hindurch stille gewesen. Jeder, der dem andern des Morgens begegnete, freute sich über die allgemeine Beruhigung, recht als wie wenn nach einem starken Donnerwetter und Platzregen der heitere Himmel und Sonnenschein Alles wieder erquicket, und so ist es auch eine Zeit lang geblieben, bis aus dem Cuntzischen Hause eine Magd gestorben und ehrhaft zu Grabe bestattet wor den ist. Weil man sie aber in Verdacht hielt, sie möchte von dem alten Cuntze etwas gelernt haben und mit Hexengift angesteckt sein, so suchte man damit einer besorglichen Spukerei vorzubeugen, daß man ihr viererlei Sachen im Sarge beilegte, nämlich eine Radekoppe oder Radnagel, einen Silbergroschen, den strohernen Wisch, womit sie in der Küche sonst aufgewaschen, und ein Stück frischen Rasen, so man ihr an den Hals zwischen dem Kinne und der Brust aufbürdete. Dies alles sollte zur Verhinderung etwaiger Hexereien dienen; aber vergeblich. Denn acht Tage nach ihrem Tode erschien ein gewöhnlicher Poltergeist und drückte die andere Magd so lästerlich, daß ihr die Augen davon aufschwollen. Er ergriff ein Kind in der Wiege und hätte es erwürgt, wenn nicht eine Kinderfrau bei Zeiten herzugesprungen und mit oftmaliger Anrufung des Namens Jesu es noch gerettet. In der folgenden Nacht kam es in Gestalt eines Huhns in den Stall; weil nun die andere Magd meinte, es wäre ihr eins aus dem Korbe herausgeflogen und sie das Stallhuhn also erwischen wollte, wurde solches in einem Augenblicke entsetzlich groß, ergriff die Magd beim Halse und kniff sie so grob, daß ihr solcher verschwoll und sie einige Tage ohne großen Schmerz weder essen noch trinken konnte, auch bei dieser ihr zugestoßenen Lebensgefahr sie sich mit der heiligen Communion zum Tode vorbereitete. Einem andern Frauenzimmer befahl der Geist, sie solle ein weißes Hemde anziehen, weil das, was sie anhabe, zum Waschen unsauber genug wäre. Das Poltern dauerte einen ganzen Monat lang auf allerhand Art, das Gespenst schlug grausam an die Thüren, es drückte die Leute, schmiß sie aus den Betten, erschien in Weibes-, Hundes- und Bocksgestalt, es trank bei dem Bürgermeister eine Flasche Rosenweinessig aus, die doch am nächsten Morgen wieder voll war, und was solcher Possen mehr waren. Weil man nun im Verbrennen des Körpers das beste Mittel zu sehen erachtete, grub man sie aus, besichtigte den Sarg und fand, daß sie sich fast in der Art wie Cuntze’s Leiche darin befand, auch den am Halse liegenden Rasen bis auf die bloße Erde weggefressen hatte. Man wanderte demnach mit ihr unter den gewöhnlichen Ceremonien zu dem Holzstoß, verbrannte den Körper, streute die übrig gebliebene Erde in ein vorbei fließendes Wasser und damit nahm die neue Poltergeisterei zu Bendschin ein baldiges Ende und die vom Geiste gequetschten und gedrückten Personen wurden zusehens wieder gesund.


Clemens Brentano: Aus `Die Gründung Prags´

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ZWRATKA leise hervortretend.

 

Bald reißt der Hahn mit sichelförmgem Schrei

 

Ins Herz der Nacht, und bricht die Zauberei.

 

Jetzt muß es sein, eh noch der graue Saum

 

Des Himmels sich in Glut des Safrans taucht,

 

Eh Morgenluft in Tau und Duft dem Traum

 

Die zauberischen Larven noch zerhaucht.

 

O Kikimora, Traumgott, steh mir bei!

 

Schon in Triglawas, deiner Mutter, Schoß

 

Triebst ungeboren du Verräterei.

 

Ihr ward das Herz in Liebessehnsucht groß,

 

Und mit dem Monde ihre Buhlerei

 

Gabst ihrem Herrn, dem finstern Tschart, du bloß.

 

Da riß er zweifelnd, wer dein Vater sei,[589]

Erzürnet dich aus ihrem Schoße los;

 

Sie fluchte dir, und gab dich vogelfrei,

 

Und zwischen Nacht und Tod fiel dir dein Los,

 

Gespenstisch Kind, ins Reich der Zauberei.

 

Die Nacht des Himmels hast du losgerissen,

 

Verräter, von des Abgrunds Finsternissen,

 

Und zwischen beiden saugst du nun, Bastard,

 

Des Zwitters Brust, des Schlafs, der Amme ward.

 

Wie ein Vampyr trinkst du sein friedlich Blut,

 

Ihn mit des Traumes Heuchlerflügeln fächelnd,

 

Daß er sich reich und selig glaubt und lächelnd

 

Hinschiffet auf der goldnen Lügen Flut;

 

Auch beißest du ihn wohl mit schwarzem Zahn,

 

Und jagst ihn atemlos den Fels hinan,

 

Wo unter ihm ein Chor von Geisterschwänen

 

Sein Sterblied singt auf bittrem Meer der Tränen.

 

Oft liegst du, Bleiklump, mit dem dummen Albe

 

Auf edler Brust, und schmutz’st das Leben ein,

 

Schreckst Wachen mit dem glühgeaugten Kalbe,

 

Dreibeingen Hasen, hagern Mutterschwein.

 

Mir selbst, Verruchter, mischst du in die Salbe

 

Oft deine mißgebornen Sudelein;

 

Doch kenn ich dich, zeigst du gleich nur das Halbe,

 

Zieh ich das Ganze doch zum Sonnenschein.

 

Nun lasse dich, eh sich der Morgen falbe,

 

Auf diese Jungfraun nieder, spiele fein,

 

Der Tag wird deine Schelmerei der Schwalbe

 

Auf ihres Liedes Gaukelfaden reihn.

 

Den Liebling opfr’ ich dir, die Fledermaus,

 

Den Zwischenträger, des Verrats Gespiel,

 

Wie dich stieß Maus und Vogel sie hinaus,

 

Daß nachtlos, taglos, sie zur Dämmrung fiel.

Sie wirft eine Fledermaus in die Glut.


Otto Knoop: Vampyrsagen, aus `Sagen aus Kujawien´

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Die Vampyrsagen haben erst kürzlich eingehende Behandlung erfahren (vgl. oben 14, 322 ff.); doch ist wohl die Mitteilung weiterer Sagen, wenn sie auch nichts besonders Neues bringen, nicht überflüssig. Es sei mir gestattet, hier zunächst eine Sage wiederzugeben, die mir (aus polnischer Quelle) in Rogasen mitgeteilt wurde. »Nahe an der von Gnesen nach Wreschen führenden Chaussee steht in einem Walde eine Hütte, die vor Jahren ein Förster bewohnte. Diesem starb ein erwachsener Sohn. In der Mitternacht nach dem Tode desselben ertönte vor der Hütte ein grässliches Gewinsel, und gleichzeitig wurde an die Fensterscheibe geklopft. Die Schwester, die bei dem Verstorbenen betete, schaute nach dem Fenster und sah darin ein scheussliches Antlitz mit langen Zähnen, die aus dem Munde hervorragten. Das Gespenst schrie: Daj mi go (gieb ihn mir)! Als die Schwester aber den Rosenkranz hervorzog, verschwand das Gespenst. Am folgenden Tage zogen Zigeuner auf der Chaussee, und diesen erzählte der Förster das Ereignis. Eine alte Zigeunerin gab ihm die Antwort, die Erscheinung sei ein Upior gewesen, der sich dreimal dort zeige, wo jemand gestorben sei, um des Gestorbenen Herz aufzufressen. Um es zu vertreiben, müssten die Angehörigen bei der Bahre Kerzen anstecken, die am Feste Mariä Lichtmess geweiht wären (gromnice), und den Rosenkranz beten.«

Der Erzähler fügte noch folgendes hinzu: »Es gibt nicht blos schlechte, sondern auch gute Gespenster. Einem Knechte, der im Walde an derselben Chaussee die Pferde hütete, näherte sich einmal ein Gespenst, dem die Zähne aus dem Munde hervorragten, und berührte das Zaumzeug. Als der Knecht nach Hause kam und das Zaumzeug an einen Nagel hängte, flossen zwei Eimer Milch daraus hervor.« Nach Angabe des Erzählers war auch dieses Gespenst ein Upior, doch ist wohl eher an eine wohltätige Waldfrau zu denken.

Die folgenden Stücke, von denen das erste aus deutscher Quelle stammt, wurden mir durch Herrn Lehrer A. Szulczewski in Brudzyn mitgeteilt.

In Kaiserthal (Kujawien) lebte ein Bauer, der eine zahlreiche Familie hatte. Da starb der älteste Sohn und wurde auf dem Kirchhofe begraben. Er wurde ein Vampyr, aber niemand wusste davon. Nach einiger Zeit starb der zweite Sohn, bald der dritte, und nach einigen Wochen starben alle Familienmitglieder, so dass nur der Vater übrig blieb. Man klagte und jammerte über das Unglück, doch niemand wusste zu helfen. Da kam der alte Wächter des Ortes auf den Gedanken, dass ein Vampyr all die Todesfälle hervorgerufen habe, und er beredete den Bauer, dass er das Grab seines ältesten Sohnes öffnen liess. Und wirklich fand man diesen ganz unversehrt, nur war das Fleisch an seinem ganzen Leibe abgebissen. Ein Vampyr findet nämlich im Grabe keine Ruhe; er muss sich selbst verzehren und ruft dann seine nächsten Verwandten in das Grab. Dem Vampyr wurde jetzt eine kleine Münze in den Mund zwischen die Zähne gesteckt. Auf diese Weise konnte er nicht mehr beissen, und die Verwandten blieben seit der Zeit am Leben.

Die Leute erzählen, dass in der Kellergruft des Klosters zu Markowitz ein Upior begraben liege. Es war das ein Mensch, der mit Zähnen auf die Welt gekommen war. Er wurde nach seinem Tode in jener Gruft beigesetzt. Hier verweste er nicht wie andere Tote, sondern blieb frisch erhalten. In der Nacht aber stand er auf, bestieg den Glockenturm und läutete. So weit dieses Glockengeläute  zu hören war, in dem Umkreis mussten alle diejenigen sterben, welche das Alter erreicht hatten, das der Upior bei seinem Tode erreicht hatte. Die Leute erfuhren von dem nächtlichen Treiben des Upior und beschlossen, dem ein Ende zu machen. Sie machten den Sarg auf und legten dem noch unversehrten Leichnam eine scharfe Sichel über den Hals. So konnte der Upior nicht mehr aufstehen. Wäre er aufgestanden, so hätte er sich den Kopf abgeschnitten, und dann erst wäre er ganz tot gewesen.

Auch in Chelmce soll in einer Gruft ein Upior begraben liegen. Dieser stand in der Nacht aus seinem Sarge auf und zerbiss alle Lichter, die auf dem Altar standen. Endlich des Unfugs überdrüssig, sah man in dem Grabe nach und fand die Leiche noch unversehrt, obwohl sie schon mehrere Jahre gelegen hatte. Das Tuch aber, in das sie gehüllt war, war ganz zerbissen. Man legte den Upior nun mit dem Rücken nach oben, und seit der Zeit war man vor ihm sicher.


Ludwig Bechstein: Rückkehrender Selbstmörder

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MPK04276 In einer bekannten Stad
In einer bekannten  Stadt  Schlesiens schnitt sich ein Schuhmacher die Gurgel ab, darob erschrocken und die Schande zu umgehen, verhehlten des Toten Witwe und ihre Schwestern diesen Selbstmord, suchten dessen Spur zu tilgen und umwanden den Leichnam so mit Tüchern, daß nichts von der Todesart des sonst ganz braven und unbescholtenen Mannes verlautete. Es ward ihm ein feierliches ehrliches Begräbnis gehalten, und er ward von vielen aufrichtig betrauert. Nach sechs Wochen aber erging ein Gerücht in der Stadt, der Schuhmacher sei nicht nur eines natürlichen Todes nichtgestorben, sondern lasse sich auch sehen. Und dieses tat derselbe auch wirklich; er ging spukend um am hellen Tage und in der Nacht und warf sich auf die Schlummernden – er war ein Vampyr geworden und erregte so viel Angst und Schrecken, daß niemand mehr allein schlafen mochte, die Leute taten sich zu gemeinschaftlichen Schlafpartien zusammen, allein auch dieses half nicht immer. Diese Plage des Gespenstes währte schon in den siebenten Monat; am 20. September 1591 war der Schuster Todes verblichen, und am 18. April 1592 ließ der Senat in der Nacht um ein Uhr das Grab öffnen. Da lag die Leiche des Schusters noch frisch mit der frischblutigen Halswunde. Dieselbe wurde sechs Tage lang ausgestellt, und über die Witwe und ihre Schwestern ward schwere Untersuchung verhängt. Hierauf ordnete der Stadtrat an, daß die Leiche zum andernmal, aber auf dem Schandplatz begraben werde, welches auch geschah, aber nichts half, denn der Vampyr kehrte immer wieder. Da ist er hernach nochmals ausgegraben worden, der Kopf ihm abgehackt, desgleichen die Gliedmaßen, und dann wurde er mit Rumpf und Stumpf verbrannt und die Asche in den Fluß gestreut. Dieses muß den Geist mißfallen haben, denn von da an war und blieb er hinweg.

Adolf Friedrich von Schack: Dolores

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 Tiefer fliegt die Sommerschwalbe;

Vor dem Wetter zucken matt,

Längs der Uferbäume, falbe

Blitze hin von Blatt zu Blatt.

 

Und, aus tausend Kelchen stäubend,

Wallt der Nachtviolen Duft,

Der Jasmine, sinnbetäubend,

Durch die atemschwere Luft.

 

O, ich fühl’s! Mein Herz umstricken

Will noch mächtiger als je

Das verzehrende Entzücken

Von zuvor, das sel’ge Weh;

 

Fühle, daß in Geist und Sinnen

Neu der alte Rausch mir gärt,

Wie, da du mir, Weib, tiefinnen

An des Lebens Mark gezehrt.

 

Ist der Arm noch nicht vermodert,

Der sich heiß um meinen wand?

Nicht der Lippen Glut verlodert,

Die auf meinen oft gebrannt?

 

Wieder deine schwarzen Augen

Seh’ ich flammen über mir;

Aus dem Grab, mein Blut zu saugen,

Steigst du nächtlich als Vampyr.


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