Die ersten Nachrichten über Hochschulen der Zauberei führen nach Spanien. Die Mauren hatten dort, als das Land in ihre Hände gekommen war, in einer Reihe von Städten wie Toledo, Salamanca, Sevilla, Granada, Cordova usw. `Universitäten´, dh. eine Art Seminare und Kollegien errichtet, die, den Moscheen angegliedert, in besonderen Schulgebäuden, `Medresch´genannt, untergebracht waren. An diese Schulen, die vornehmlich Theologie und Philosophie lehrten, knüpft die Überlieferung von Hochschulen der Zauberei an, die auch frühzeitig auf die durch die Rückeroberung von Toledo im Jahre 1085 christlich gewordene dortige Universität übertragen wurde. In Wirklichkeit waren wohl die Kreise, die sich an diesen Orten mit magischen, kabbalistischen, nekromantischen, astrologischen und alchemistischen Studien abgaben, Geheimzirkel, die ihr lichtscheues Wesen abseits im Verborgenen trieben, wie sich das aus unten gegebenen Mitteilungen erschließen läßt. Zumeist werden die Geheimkünste durch Araber und Juden gelehrt worden sein, die antikes und orientalisches Erbgut aufnahmen und neu verarbeiteten.
Bereits der um 1143 verstorbene Wilhelm von Malmesbury berichtet: “sicut Christiani Toletum, ita ipsi (näml. die Sarazenen) Hispalim, quam Sebiliam (d.i. Sevilla) vulgariter vocant, caput regni habent, divinationibus et incantationibus more gentis familiari studentes.”
In Sevilla habe Gerbert, der spätere Papst Silvester II. (996 – 1002), der seiner großen Kenntnisse wegen als Zauberer verschrien wurde, Astrologie, Vogelschau und Dämonenbeschwörung erlernt und sich dann mit Hilfe eines seinem sarazenischen Meister gestohlenen Zauberbuchs zum Papst gemacht. (Hanns Bächtold-Stäubli, Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens).
(From Godwin, History of the Necromancers):
As a consequence of this state of things the more curious men of Europe by degrees adopted the practice of resorting to Spain for the purpose of enlarging their sphere of observation and knowledge. Among others Gerbert is reported to have been the first of the Christian clergy, who strung themselves up to the resolution of mixing with the followers of Mahomet, that they might learn from thence things, the knowledge of which it was impossible for them to obtain at home. This generous adventurer, prompted by an insatiable thirst for information, is said to have secretly withdrawn himself from his monastery of Fleury in Burgundy, and to have spent several years among the Saracens of Cordova. Here he acquired a knowledge of the language and learning of the Arabians, particularly of their astronomy, geometry and arithmetic; and he is understood to have been the first that imparted to the north and west of Europe a knowledge of the Arabic numerals, a science, which at first sight might be despised for its simplicity, but which in its consequences is no inconsiderable instrument in subtilising the powers of human intellect. He likewise introduced the use of clocks. He is also represented to have made an extraordinary proficiency in the art of magic; and among other things is said to have constructed a brazen head, which would answer when it was spoken to, and oracularly resolve many difficult questions. The same historian assures us that Gerbert by the art of necromancy made various discoveries of hidden treasures, and relates in all its circumstances the spectacle of a magic palace he visited underground, with the multiplied splendours of an Arabian tale, but distinguished by this feature, that, though its magnificence was dazzling to the sight, it would not abide the test of feeling, but vanished into air, the moment it was attempted to be touched.
It happened with Gerbert, as with St. Dunstan, that he united an aspiring mind and a boundless spirit of ambition, with the intellectual curiosity which has already been described. The first step that he made into public life and the career for which he panted, consisted in his being named preceptor, first to Robert, king of France, the son of Hugh Capet, and next to Otho the Third, emperor of Germany. Hugh Capet appointed him archbishop of Rheims; but, that dignity being disputed with him, he retired into Germany, and, becoming eminently a favourite with Otho the Third, he was by the influence of that prince raised, first to be archbishop of Ravenna, and afterwards to the papacy by the name of Silvester the Second.
Cardinal Benno, who was an adherent of the anti-popes, and for that reason is supposed to have calumniated Gerbert and several of his successors, affirms that he was habitually waited on by demons, that by their aid he obtained the papal crown, and that the devil to whom he had sold himself, faithfully promised him that he should live, till he had celebrated high mass at Jerusalem. This however was merely a juggle of the evil spirit; and Gerbert actually died, shortly after having officially dispensed the sacrament at the church of the Holy Cross in Jerusalem, which is one of the seven districts of the city of Rome. This event occurred in the year 1008.
………….
Wer sich im 12. Jahrhundert für das Innere der Natur interessierte, schwebte häufig in Gefahr, in die Gesellschaft von Magiern, Zauberern und Alchemisten eingeordnet zu werden. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts war der Ruf Toledos als Zentrum der geheimen Wissenschaften sogar in Deutschland so verbreitet, daß der bekannte Zisterzienster Caesarius von Heisterbach eine internationale Schule der Schwarzen Kunst in Toledo verortete…. Zauberei und Toledo gehören auch in der mittelhochdeutschen Literatur zusammen, so im Parzifal Wolfram von Eschenbachs. (Klaus Herbers, Geschichte Spaniens im Mittelalter).
In Toledo wirkte im 12. Jahrhundert der durch zahlreiche Übersetzungen aus dem Arabischen und Hebräischen bekannte Gerhard von Cremona (1114 – 1187), der eine `Geomantia et practica planetarum´ schrieb und auch als Übersetzer der Kyraniden gilt (eine spätantike Sammlung medizinisch-magischer Schriften in vier Büchern).
Im folgenden Jahrhundert erzählt Caesarius von Heisterbach von zwei jungen Leuten, die `apud Toletum studebant necromantiam´, und an einer weiteren Stelle schildert er eine Geisterbeschwörung, die einige Studenten `in arte necromantia´, junge Schwaben und Bayern, erlebten, als sie ihren Lehrer aufforderten, ihnen seine Kunst in praxi vorzuführen. (Bächtold-Stäubli).
“Sie wünschten Dämonen zu sehen und wandten sich daher an ihren Lehrer; dieser führte sie auf das offene Feld und begann daselbst seine Beschwörungen. Da erschienen Dämonen zuerst in der Gestalt von Rittern und führten alle erdenklichen ritterlichen Spiele auf. Hierauf verwandelten sie sich in schöne Mädchen und gaben als solche ein wahres Teufelsballett zum Besten; eines der Mädchen hatte es überdies auf einen der Schüler besonders abgesehen, indem es beim Vorbeitanzen regelmäßig einen goldenen Ring nach ihm ausstreckte.
Zuletzt verlor der Jüngling seine Kaltblütigkeit, er griff nach dem Ring und streckte dabei seinen Finger über den Kreis hinaus. Alsbald ergriff ihn das Mädchen an dem Finger, die Dämonen verschwanden alle in einem Ungewitter, und der Jüngling verschwand mit ihnen. Mit derartigen Katastrophen pflegen solche Szenen in der Regel zu schließen, hier aber ging es ausnahmsweise anders. Die übrigen Schüler wollten nämlich ihren Freund um jeden Preis wieder haben und bedrohten ihren Lehrer mit dem Tode, falls er ihnen dabei nicht behilflich sei. Der Lehrer, welcher den heftigen Sinn der Bayern kannte und fürchtete, versprach seine Verwendung. Der Fürst der Dämonen war ausnahmsweise nicht unerbittlich, kurz, der Jüngling kam wieder.” (Carl Meyer, Der Aberglaube des Mittelalters).
Oliver heißt in einer von Caesarius von Heisterbach erzählten nekromantischen Beschwörung zu Toledo ein Dämon, der als curialis, Höfling des Teufels bezeichnet wird. Es ist wohl der gleiche, der bei den Litaneien des Sabbaths der Zauberer angerufen wurde als `Olivier, prince des archanges´.
Ins 13. Jahrhundert führt uns auch die Vita des Dominikanerheiligen Aegidius ( von Vaozela, + 1265), der in seiner Jugend, vom Teufel verführt, nach Toledo zog, um dort die magische Kunst zu lernen; “Intellexit Aegidius magias artes, a quibus illa tempestate in Hispaniis non abhorrebant homines, ab illo viae comite (dem Dämon) perhiberi: et paululum quidem cogitabundus substitit, deinde autem pessimo acquievit consilio. Quare ommisso coepto itinere, Toletum deflexit, seque magistris impiae ac nequissimae disciplinae, loca subterranea atque ab hominum conspectu remota frequentantibus, juxta imperatas leges horrendo nefarioque sacramento addicit, seseque in animae exitium devovit, chirographo, sua manu de suo sanguine facto, in testimonium illis dato. Decurso septenni spatio, bene ac male agendum instructus” zieht er nach Paris, wo er durch seine Kenntnisse als Arzt großen Ruhm gewinnt. Nach der Relation des Historikers der Dominikaner, Ferdinand del Castillo, bringt der böse Begleiter Aegidius “in vastum specum, prope Toletanam civitatem, ibi occurrere laeti, et excepere venientem viri daemonesque humana effigie etc.” Deutlich sind hier die Geheimzirkel angedeutet. Als Hochschule der Zauberei wird Toledo noch genannt im `Wartburgkrieg´, von B. Basin, Delrio, Thiers, Elinandus. In jener Höhle soll auch Virgil die Zauberkunst gelernt haben. Nach dem alten Volksbuch studierte dort auch Fausts Famulus Wagner die daselbst öffentlich gelesene Schwarzkunst. Delancre berichtet das Geständnis eines Zauberers, daß in Toledo 73 Magier die Magie lehrten; ihren Vorlesungen legten sie den Text der ` Teufelsbibel´ (Codex Gigas) zugrunde.
Michael Scot was one of the most influential European intellectuals of the 13th century. Unfortunately for him, history remembers him as not a scholar but a sorcerer.
Scot had a fascination with the occult and treated it with just as much enthusiasm as more orthodox subjects. He studied in Toledo, a Spanish city then under occupation by the Moors, translating many texts into Latin. In Scot’s time, any European with Middle Eastern learning would have been respected and even feared. But Scot also took to dressing in an Arab gown, fueling the belief that he was indeed a sorcerer.
His occult knowledge won him the post of personal astrologer to the Holy Roman Emperor. He was also tutor to the pope, though he likely confined these lessons to more traditional subjects.
During his tenure as the emperor’s astrologist, he gained fame for successfully predicting the result of a war with the Lombard League. He also used his medical knowledge to cure the emperor of ailments. His reputation earned him a cameo in Dante’s Inferno, where he is punished eternally in the level of hell reserved for wizards: “That other there, his flanks extremely spare,
was Michael Scot, a man who certainly knew how the game of magic fraud was played.”
From Michael Scot´s `Introductorium maius in astronomiam´, Florence, Biblioteca Nazionale Centrale)
Ähnliche Erzählungen gingen auch über Salamanca um. Basin weiß, daß einst bei der Stadt ein Marmoridol in einer tiefen Höhle verehrt wurde, durch das der Teufel als Lehrer der Magie wirkte; die Höhle sei vermauert und darüber eine Kirche erbaut, während das Idol vor der Kirche von den Vorübergehenden zerstört worden und kaum noch zu erkennen sei: Es wird die gleiche Höhle sein, die Delrio aus eigener Anschauung beschreibt (…) Nach Cardanus las man in der Akademie von Salamanca öffentlich über Zauberkunst, “nunc vero publicis legibus sublata est”, doch sind noch Reste dort. Die Schule erwähnt auch Geßner; aus ihr gingen die fahrenden Schüler hervor. Im Volksbuch von Fortunatus von 1530 heißt es: “es war eyner von Sparga auss der Stadt Alamanelia, da dann noch die hoche Schul von der hochen Kunst der Nigromantia ist und gelert wird”, d.i. Spanien und Salamanca. Auch Thiers nennt die Schule. In ihr soll zuerst öffentlich, später geheim die `Pneumatologia occulta et vera´ vorgetragen worden sein.
Die romanische Kirche von San Cipriano wurde im zwölften Jahrhundert erbaut. Im sechzehnten Jahrhundert wurde sie zerstört. Der Höhenunterschied des Grundes wurde verwendet, um eine Krypta unter dem Altar zu errichten. Diese verborgene Krypta ist als die “Höhle von Salamanca” bekannt.
Im 16. Jahrhundert lehrte hier der vom Teufel besessene Küster von San Cipriano sieben Jahre lang sieben Kursteilnehmern pro Jahr die Schwarzkunst. Zum Schluss musste einer von ihnen, der zufällig ausgewählt wurde, den Rest seiner Tage im Dienst des Teufels bleiben und so den Unterricht für alle bezahlen.
Theodor Körner: Der Teufel in Salamanca
Es gibt eine alte wahre Lehre,
Und gute Christen glauben dran:
Der Teufel, wenn er noch so mächtig wäre,
Hat doch dem Klugen nie was an.
Wer mutig ist und fein dabei,
Bleibt aller Satanskünste frei.
Das hat wohl mancher schon erfahren;
Doch will ich zu Gunsten ungläubiger Seelen
Als Beispiel euch noch ein Märlein erzählen.
Als einst vor vielen langen Jahren
Zu Salamanca im Kellergewölbe
Der Teufel auf dem Katheder saß,
Wie and’re Doktoren, und derselbe
Schwarze Kunst nach eignen Heften las,
Da hatt’ er viel Zulauf, das läßt sich denken,
Es wimmelt alles auf Tischen und Bänken,
Denn er verstand sich herrlich darauf.
Und war die Magie ihm gar zu trocken,
So gab er weislich lustige Brocken
Und spaßhafte Schwänke die Menge in Kauf.
Das war so ganz für der Herren Magen,
Kein and’res Kollegium mocht’ ihnen behagen,
Und sie sahen das erste Mal mit Gram,
Daß auch das Halbjahr zu Ende kam.
Das freute den Argen, und er rief schließlich:
“Gewiß ist euch meine Weisheit ersprießlich,
Das ist euch allen sicher schon klar;
Drum ersuch’ ich um’s billige Honorar
Und bitte mir, ich sag’s grad’ heraus,
Eine von euren Seelen aus.
Wer zuletzt-wird aus der Kellertür gehn,
Dem will ich und soll ich den Hals umdrehn.
Wenn’s euch gefällt, so mögt ihr losen.
Da fingen die Herren an zu tosen,
Schimpften den Doktor einen argen Wicht,
Schworen insgesamt unverholen,
Der Teufel solle den Teufel holen;
Aber all ihr Sträuben half da nicht:
Sie mußten sich endlich doch bequemen,
Die fatalen Würfel zur Hand zu nehmen.
Zur Hölle verdammt war ein junger Graf,
Da er die niedrigsten Zahlen traf;
Doch behielt er den Kopf auf der rechten Stelle
Und meinte: Noch gehör’ ich nicht der Hölle,
Noch hat der Teufel mich nicht in den Klauen,
Drum will ich noch menschlicher List vertrauen.
Drauf stellt’ sich der Teufel zur Kellertüren,
Und ließ einen nach den andern passieren,
Und als nun der Graf als der letzte kam,
Der Teufel ihn bei der Kehle nahm.
Der aber schrie: “Hast keinen Teil an mir!
Das Los traf meinen Hintermann hier!
Und wies auf den Schatten an der Wand,
Denn die Sonne dem Keller schief über stand
Da hielt ihn der Teufel länger nicht,
Denn er war geblendet vom Sonnenlicht
Und packte wütend im argen Wahn
Mit seinen Klauen den Schatten an.
Der Graf schlüpfte behend hinaus
Und lachte den armen Teufel aus.
Doch noch was Wunderbares sich fand,
Denn als er in lichter Sonne stand,
Erschraken alle und staunten sehr: –
Der Graf warf keinen Schatten mehr.
Über Sevilla s.o. Die dortige Hochschule der Zauberei wird auch von Delrio und Thiers bezeugt.
Granada, die letzte Stütze der Mauren in Spanien, fiel im Jahr 1492. Der maurische Kult, der als Götzendienst und Magie galt – vgl. die lehrreiche Geschichte, die Delrio von einem Manne Ramirez in Toledo aus dem Jahr 1600 erzählt – wurde 1495 verboten; die Juden waren bereits 1492 von Isabella und Ferdinand verjagt worden. Damals erging dann auch nach Delrio das Verbot der Magie und der Vorlesungen darüber, wozu Basins Bemerkubng stimmt, daß “hac tempestate magicae artes” nirgends mehr in Spanien toleriert würden; nach dem 1597 verstorbenen Kanonisten P. Gregorie von Toulouse erfolgte das Verbot unter Karl V.