… Auch in Italien gab es derartige Schulen. So spricht Delrio von einer am lacus Nursinus und einer zweiten im spelaeum Visignianum. Bei der ersten handelt es sich um einen Venusberg, dessen Höhle auch als Sybillenhöhle galt, bei Norcia gelegen; von ihr weiß Delrio nach Crespetus allerlei Merkwürdiges zu erzählen. Es ist nun interessant, daß schon Enea Silvio, der bekannte Humanist und nachmalige Papst Pius II. (1405 – 1466), in einem Brief, den er in seiner früheren Zeit an seinen Bruder schrieb, davon redet, daß in Umbrien, im alten Herzogtum (Spoleto) unweit der Stadt Nursia eine Höhle sei, in der Wasser fließe, der Aufenthaltsort von Hexen, Dämonen und Schatten; dort könne man von Geistern die Zauberkunst lernen. Es ist der Ort, an dem nach Benvenuto Cellini magische Weihehandlungen über Zauberbüchern vorgenommen wurden. Venusberge waren überhaupt, wie Bebelius mitteilt, die Schulstätten, an denen die fahrenden Schüler vorgaben, die Magie gelernt zu haben.
Der Kardinal Beno, Gregors VII. leidenschaftlicher Gegner, nennt das Rom des 11. Jahrhunderts gewissermaßen eine Schule der Schwarzen Magie, die Gerbert dorthin gebracht habe. In Padua, wo einst Albertus Magnus Alchemie und andere Künste studiert hatte, trieb nach dem Volksbuch Wagner, der Famulus Fausts, magische Studien und lehrte selbst diese Wissenschaft. Auch Venedig wird als Ort einer Schule genannt, in der des Teufels Lehrstuhl stand. In der Virgilsage wird das Septizonium in Rom `scuola di Virgilio´ genannt und ebenso ein Ort am Strand von Neapel; nach dem französischen Volksbuch gab es in Neapel eine Zauberschule Virgils. An dem Ort stand früher ein Tempel der Venus oder Fortuna.
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Unter solchen Ausschweifungen hatte ich gelegentlich mit einem gewissen sizilianischen Geistlichen Freundschaft gemacht; er war von dem erhabensten Geiste und wohl im Lateinischen und Griechischen erfahren. Einsmals, durch eine besondere Wendung des Gesprächs, kamen wir auch auf die Zauberei zu reden, und ich sagte, wie sehr ich mein ganzes Leben durch verlangt hätte, irgend etwas von dieser Kunst zu sehen oder zu spüren. Darauf versetzte der Priester: Zu einem solchen Unternehmen gehört ein starkes und sichres Gemüt. Ich versetzte, daß ich Stärke und Sicherheit wohl zeigen wolle, wenn sich nur die Art und Weise fände, ein solches Werk zu unternehmen. Darauf antwortete der Priester: Wenn dir am Anschauen solcher Dinge genug ist, so will ich deine Neugierde sättigen. Wir wurden eins, das Werk zu unternehmen, und eines Abends machte sich der Priester bereit, indem er mir sagte: ich solle einen, auch zwei Gefährten suchen. Da rief ich Vincenzio Romoli, meinen besten Freund, welcher einen Pistojeser mit sich nahm, der sich auch auf die Schwarzkünstelei gelegt hatte. Wir gingen zusammen ins Kolisee; dort kleidete sich der Priester nach Art der Zauberer, zeichnete Zirkel auf die Erde mit den schönsten Zeremonien, die man sich auf der Welt nur denken kann. Er hatte uns Zaffetika (Asa foetida) mitbringen lassen, kostbares Räucherwerk und Feuer, auch böses Räucherwerk.
Da alles in Ordnung war, machte er das Tor in den Zirkel und führte uns bei der Hand hinein. Dem andern Schwarzkünstler befahl er, das Räucherwerk nach Bedürfnis ins Feuer zu werfen; uns überließ er die Sorge, das Feuer zu unterhalten und die Spezereien darzureichen. Dann fing er seine Beschwörungen an, welche über anderthalb Stunden dauerten. Darauf erschienen manche Legionen Teufel, so daß das Kolisee ganz voll ward. Ich war mit den köstlichsten Spezereien beschäftigt, und als der Priester eine so große Menge Geister bemerkte, wendete er sich zu mir und sagte: Verlange was von ihnen! Ich versetzte: Sie sollen machen, daß ich mit meiner Sizilianerin wieder zusammenkomme.
Diese Nacht erhielten wir keine Antwort, ob ich gleich sehr zufrieden über diese Begebenheit war. Der Nekromant behauptete: wir müßten noch ein andermal hingehen, und ich würde in allem, was ich verlangte, völlig befriedigt werden; aber ich müßte einen unschuldigen Knaben mitbringen. Ich nahm einen Lehrknaben, ungefähr zwölf Jahr alt, und berief von neuem Vincenzio Romoli, und da ein gewisser Agnolino Gaddi unser Hausfreund war, nahm ich auch diesen mit zu unserer Unternehmung. Wir kamen an den vorigen Ort; der Nekromant machte wieder seine Vorbereitung, und mit derselben, ja mit einer noch wundersamern Ordnung brachte er uns in den Zirkel, den er von neuem mit mehr Kunst und Zeremonien bereitet hatte. Vincenz und Agnolino besorgten das Räucherwerk und das Feuer; mir gab er das Pentakel in die Hand und sagte: er würde mir die Gegenden zeigen, wohin ichs zu wenden hätte. Nun fing der Nekromant die schrecklichsten Beschwörungen an, er rief bei ihren Namen eine Menge solcher Teufel, die Häupter der Legionen waren, und beschwur sie im Namen und Gewalt Gottes, des unerschaffnen, lebendigen und ewigen, und das in hebräischen Worten, auch mitunter in genügsamen griechischen und lateinischen, so daß in kurzer Zeit einhundertmal mehr als bei der ersten Beschwörung erschienen und das ganze Kolisee sich erfüllte. Vincenzio Romoli und Gaddi unterhielten das Feuer und sparten das kostbare Räucherwerk nicht, mir aber gab der Nekromant den Rat, abermals zu verlangen, daß ich mit meiner Angelika sein möchte. Ich tat es, und er wendete sich zu mir und sagte: Hörst du, was sie sprechen? In Zeit eines Monats sollst du bei ihr sein! Darauf bat er mich von neuem, ich möchte nur festhalten, denn es wären wohl ein tausend Legionen mehr, als er verlangt habe, und sie seien von der gefährlichsten Art; da sie aber doch mein Begehren erfüllt hätten, so müßte man ihnen freundlich tun und sie geduldig entlassen.
Nun fing das Kind, das unter dem Pentakel war, zu jammern an und sagte: es seien ein tausend der tapfersten Männer beisammen, die uns alle drohten; dann sah es noch vier ungeheure Riesen, bewaffnet und mit der Gebärde, in den Kreis einbrechen zu wollen. Indessen suchte der Nekromant, der vor Furcht zitterte, sie auf die sanfteste und gefälligste Art, so gut er konnte, zu entlassen. Vincenzio Romoli, der über und über zitterte, hörte nicht auf zu räuchern; ich fürchtete mich so sehr als die andern, ließ mich es aber nur weniger merken und sprach ihnen allen Mut zu. Gewiß, ich war halbtot, als ich den Nekromanten in so großer Angst sah. Das Kind hatte den Kopf zwischen die Knie gesteckt und sagte: So will ich sterben! denn wir kommen um, alle zusammen! Da sagte ich zum Knaben: Diese Kreaturen sind alle unter uns, und was du siehst, ist Rauch und Schatten. Hebe nur die Augen ohne Furcht auf! Das Kind blickte hin und sagte von neuem: Das ganze Kolisee brennt, und das Feuer kömmt auf uns los. Es hielt die Hände vors Gesicht, rief: es sei tot und wollte nichts mehr sehen! Der Nekromant empfahl sich mir, bat, ich möchte nur festhalten und stark mit Zaffetika räuchern. Ich wendete mich zu Vincenzio und sagte: er möge schnell Zaffetika ausstreuen! Indem so betrachtete ich den Agnolino, der so erschrocken war, daß ihm die Augen in die Quere stunden und er halbtot schien. Agnolo! rief ich, hier ist nicht Zeit, sich zu fürchten; mache dir was zu tun, rühre dich und streue schnell die Zaffetika! Agnolo, indem er sich bewegen wollte, verunreinigte sich mit so heftigem Getöse, daß die Kraft der Zaffetika nur gering dagegen war. Das Kind erhob bei diesem Schall und Gestank ein wenig das Gesicht, und da es mich lächeln sah, erholte es sich ein wenig von seiner Furcht und sagte: sie zögen sich mit Macht zurück.
So blieben wir, bis die Morgenglocke zu läuten anfing und das Kind sagte: nur wenige seien noch übrig geblieben, und sie stünden von ferne. Der Nekromant vollbrachte nun seine Zeremonien, zog sich aus, nahm seinen großen Pack Bücher zusammen, und wir verließen mit ihm auf einmal den Kreis: einer drückte sich an den andern, besonders hatte sich das Kind in die Mitte gedrängt, indem es den Nekromanten bei der Weste und mich beim Überkleid hielt. Beständig, bis wir zu unsern Häusern unter den Bänken gelangt waren, versicherte es uns: zwei von denen, die es im Kolisee gesehen habe, spazierten mit großen Sprüngen vor uns her und liefen bald über die Dächer, bald über die Straßen. Der Nekromant sagte: sooft er auch schon in dem Kreis gewesen, sei ihm doch niemals so etwas Außerordentliches begegnet; er bat mich, daß ich ihm beistehen sollte, ein Buch zu weihen, das uns unendliche Reichtümer bringen sollte, denn die Teufel müßten uns die Schätze zeigen, deren die Erde voll sei, und auf diese Weise müßten wir die reichsten Leute werden. Die Liebeshändel seien Eitelkeit und Narrheit, wobei nichts herauskomme. Ich versetzte darauf, daß ich ihm gerne beistehen wollte, wenn ich nur Latein verstünde; er aber versicherte mich, daß mir das Latein gar nichts helfen könne: er habe gar manchen vortrefflichen Lateiner angetroffen, aber niemand von so gesetztem Gemüt wie mich, und ich solle mich nur nach seinem Rate halten. So kamen wir nach Hause und träumten die folgende Nacht alle von Teufeln.